Frühlingserwachen im Schatten

Geht es dir auch so, dass du dir im Winter nicht mehr vorstellen kannst, wie Grün dein Balkon mal sein wird? Mein kleiner Nordbalkon sieht in der dunklen Jahreszeit alles andere als ansehnlich aus, denn fast alle Stauden ziehen sich schleunigst in die Erde zurück, damit sie den grauen Hamburger Winter nicht mit eigenen Augen sehen müssen.

Umso schöner ist es dann aber, wenn sie ab Ende März, die Blattspitzen zaghaft aus der eiskalten Erde stecken und ganz langsam den nahenden Frühling einläuten. Ich gehe dann quasi täglich dick eingepackt mit einem heißen Tee raus und feuere sie an, damit sie noch schneller wachsen und mich aus dem Winterblues erlösen. Und wenn sich dann erst einmal die erste Blüte zeigt, geht es plötzlich ganz schnell! Jetzt im Mai gibt es selbst hier im Schatten schon einige Frühlingsblüten, und es ist Zeit, ihnen eine kleine Fotostrecke zu widmen. Vielleicht inspiriert dich die eine oder andere schöne Blüte zu mehr Grün auf deinem Nordbalkon?

Frühblüherzwiebeln eröffnen die Saison

Den Anfang machen die Blausterne. Frühblüherzwiebeln sind ja bekanntlich die beste Wahl, um möglichst früh das Insektenbüffet zu eröffnen, und dieses Jahr habe ich zume rsten Mal diese wunderschönen Frühblüher ausprobiert, die im Schatten wirklich gut funktionieren. Ergänzt habe ich sie durch Traubenhyazinthen, ein paar Narzissen und Wildtulpen. Die Schneeglöckchen und Winterlinge, die ich ebenfalls verbuddelt hatte, ließen sich leider nicht blicken. Tja, nicht alles funktioniert sofort oder überhaupt! Sei es drum: Einer Gehörnten Mauerbiene habe ich mit den Blausternen eine große Freude gemacht. Der wirkliche Star des Vorfrühlings ist aber ohnehin das Gefleckte Lungenkraut, was dieses Jahr schon sehr früh startete und fast den ganzen hummeligen Besuch verpasste!

Von oben links im Uhrzeigersinn: Traubenhyazinthen, Blausterne (inklusive Gehörnter Mauerbiene), Waldkübel mit Narzisse, Traubenhyazinthen und Waldmeisterblüten und Geflecktes Lungenkraut

Eine Ehrenerwähnung gibt es für den Bärlauch, der auch aus Zwiebeln wächst und eines meiner Lieblingskräuter auf meinen 2,4 Quadratmetern ist. Schon im Februar kämpft er sich trotz eisiger Kälte an das Licht der Öffentlichkeit und produziert köstliche grüne Bärlauchblätter in Bio-Qualität made in Eimsbüttel, die ich regelmäßig abernte und mir gerne schmecken lasse.

Bärlauchblätter in Waldkübel

Ein waldiger Kübel mit Bärlauch, Walderdbeeren, Waldsteinie und Alpenwaldrebe

Der April macht was er will – nämlich schöne Blüten

Ein Nordbalkon lehrt Geduld. Hier im Schatten ticken die Uhren deutlich langsamer. Während ich sehnsüchtig auf das rege Treiben auf der Sonnenseite des Lebens blicke und mir die Zeit bis zum ersten Insekt schier endlos vorkommt, lassen sich meine Schattengewächse bis Mitte/Ende April viel Zeit mit dem Wachsen und Gedeihen. Meine ständigen „Helikopter-Pflanzenmutti“-Besuche ändern daran auch nichts.

Umso erleichterter waren meine Pflanzen vermutlich, als ich für eine Woche nach Stockholm abdüste, denn als ich wiederkam, erkannte ich sie fast nicht wieder: In einer Woche Abwesenheit war soviel Grün entstanden, und die eine oder andere neue Blüte war auch in den Startlöchern. Meine Wiesen-Schlüsselblume reckte ihre vielen gelben Köpfe in die Luft, die wunderschöne Frühlings-Platterbse bezaubert mich mit ihren zarten rosa Blüten, von denen sie im zweiten Jahr sehr viele produziert hatte, Eine meiner zwei Roten Lichtnelke hatte feierlich die erste Blüte gebildet, der neu erworbene Gundermann gunderte in Lila, und das Wald-Vergissmeinnicht, ein echter Dauerblüher, war auf die Balkonbühne getreten.

Von oben links im Uhrzeigersinn: Gundermann, Frühlings-Platterbse, Rote Lichtnelke, Wald-Vergissmeinnicht, Wiesen-Schlüsselblume

Und auch mein heißgeliebter Bärlauch hatte in der Zwischenzeit zur Blüte angesetzt. Die weißen Blüten sind nicht nur äußerst insektenfreundlich, sie schmecken auch sehr gut! Überhaupt lohnt es sich, sich mit der Essbarkeit von Stauden auf Balkonen auseinanderzusetzen, denn viele Wildstauden können in Salaten, Pestos und weiteren Gerichten verwendet werden – gute Beispiele sind Lungenkraut, Wald-Ziest, Echtes Herzgespann und Gundermann.

Links: Bärlauch ist auch blühend schön.
Rechts: Innerhalb einer Woche kann ganz schön viel Grün entstehen
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Wonnemonat Mai: Endlich wieder Pflanzen anschmachten auf der Türschwelle

Es braucht schon ganz schön viel Pflanzenliebe, um sich bei Minustemperaturen jeden Morgen auf den Balkon zu setzen und den Pflänzchen beim zaghaften Wachsen zuzusehen. Deutlich angenehmer wird es auf meinem Nordbalkon ab Ende April/Mai, wenn die Temperaturen zumindest in der Sonne frühlingshafter werden. Endlich kann ich dann meine Lieblingsbeschäftigung wieder aufnehmen: mit einem Kaffee oder Tee in aller Frühe meine vielen Stauden anschmachten.

Der jüngst beim NABU Winterhude Naturgarten erstandene Wollige Hahnenfuß blühte ausdauernd in Gelb, drei meiner roten Wildtulpen hatten sich endlich dazu entschlossen zu blühen, und besonders verliebt war ich in die Kombination aus Waldmeisterblüten und Kriechendem Günsel in Lila.

Von oben links im Uhrzeigersinn: Die Plant Lady“ beim Anschmachten, Wolliger Hahnenfuß, Rote Wildtulpe und Traubenhyazinthe, Rote Wildtulpen, Hornveilchen, Hahnenfuße, Rote Lichtnelke, Gundermann, Kombi aus Kriechendem Günsel und blühendem Waldmeister

Ein weiteres besonderes Highlight des Wonnemonats war und ist meine Deluxe-Insekten- und Vogeltränke. Sie existierte schon eine ganze Weile, aber nun erhielt sie ein längst überfälliges Upgrad in Form von Gras, Stöcken und einer Wasserminze, die im Übrigen die einzige existierende heimische Minzart in Deutschland ist. Eine kleine Blaumeise war von der neuen Tränke gleich so angetan, dass sie sogar vor meinen Augen hinter dem Duschvorhang aus Gras heimlich ein Bad nahm. Und auch eine Gemeine Wespe besucht die Tränke regelmäßig – vermutlich, um das Wasser zum Bau am Wespennest zu verwenden.

Wenige Insekten, aber noch mehr Blüten

Sonstiger Insektenbesuch hält sich dieses Jahr im Vergleich zum Vorjahr stark in Grenzen, obwohl das Nektarbüffet reich gedeckt ist. Zu wenig Trittsteinbiotope in Form von insektenfreundlichen Balkonen und Gärten? Zu viele Pestizide? Der Klimawandel? Immerhin besuchen Steinhummeln meine ebenfalls im Mai erblühte Goldnessel, und auch einige Schwebfliegen, Gemeine Fliegen und Spinnen drehen ihre Runden. Und einen besonderen Ehrengast will ich nicht vergessen: Bierfried Bierschnegel, ein Bierschnegel (ach was!) schaffte es irgendwie in den 2. Stock auf meinen Nordbalkon und leistet mir jetzt gut versteckte Gesellschaft. Er übernimmt quasi die Nachtschicht auf dem Nordbalkon, während ich bei Tag meine Runden ziehe (ein Schritt nach links, einen nach rechts, fertig!). Dabei kann ich mittlerweile auch den Wilden Wein, die weißen Blüten der Knoblauchsrauke, die Sumpfdotterblume und den Braunen Storchschnabel anhimmeln. Hach, so ein Waldbalkon ist was Schönes!

Von oben links im Uhrzeigersinn: Goldnessel, Große Schwebfliege auf Kamille, Wilder Wein hinter Storchschnabel, Knoblauchsrauke, Sumpfdotterblume, Bierfried Bierschnegel

Du möchtest noch mehr Tipps und Einblicke rund um naturnahes Gärtnern auf dem Nordbalkon? Dann schau doch auch mal in meine Blogartikel-Serie „Balkonplanung leicht gemacht“ und insbesondere in den Teil „Naturnaher Nordbalkon“. Dort findest du praktische Ideen, Planungshilfen und Inspiration für deinen eigenen grünen Rückzugsort.

Wie sieht der Frühling auf deinem Nordbalkon aus?

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Ich bin Patricia

Porträtfoto von Patricia Bobak

Willkommen auf meinem winzigen, wilden Nordbalkon! 🌱 Auf 2,4 Quadratmetern habe ich mir ein naturnahes Paradies geschaffen – trotz (oder gerade wegen) der Schattenlage. Mit diesem Blog möchte ich zeigen: Auch Nordbalkone können summen, blühen und einen wichtigen Lebensraum bieten. Lass dich inspirieren und entdecke, wie schön das Gärtnern im Schatten sein kann!

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