Mut zur E-Mail: Warum es sich lohnt, für die Natur einzustehen

Eine insektenfreundliche, heimische Staude zu pflanzen ist ein erster und wichtiger Schritt, um die heimische Artenvielfalt zu fördern und einen winzigen Beitrag zum Naturschutz zu leisten. Aber wenn wir erst einmal die Balkon- und Gartengrenzen verlassen, eröffnet sich uns eine Welt, die an allen Ecken und Enden geschützt und gerettet werden muss. Wälder stehen öfter in Flammen, ganze Regionen werden überschwemmt, und immer mehr Tier- und Pflanzenarten sterben schlichtweg aus. Wir befinden uns im – wir befinden uns schon lange im 6. Massensterben der Weltgeschichte, und daran sind wir Menschen nicht ganz unschuldig.

Zwar kann sich ein kleiner 2,4 Quadratmeter Nordbalkon mit über 80 heimischen Stauden wie meiner diesem Massensterben leider nicht alleine entgegenstellen, aber er ist dennoch ein kleiner Schritt, der der heimischen Tierwelt zugute kommt. Sicher hast du schon öfter den Satz gehört: „Aber ich kann alleine keinen Unterschied machen.“ Weit gefehlt! Ich glaube fest daran, dass in jedem Moment an jedem Tag jeder Mensch einen großen Unterschied machen kann: mit einem Gespräch, einer freundlichen Geste, einem netten Wort, einer besonderen Aktion – oder einer E-Mail!

Stockholm: Viel Beton und ein paar Insektenfriedhöfe

Über meinen Geburtstag war ich für eine Woche nach Stockholm, und ich hatte hohe Erwartungen: So oft wurde Schweden als echtes Vorzeigeland in so vielen Bereichen in den Himmel gepriesen, allen voran für die schöne Natur. Wunderschöne Wälder und malerische Seen gibt es dort auch zweifellos, doch wer Grünflächen im Zentrum von Stockholm sucht, sucht lange vergeblich. Viel Beton, viele Autos, kaum Bäume und selbst Parks, die auf der Karte als grün gekennzeichnet sind, sind oft mit Kies aufgeschüttet. Von bepflanzten Balkonen auch keine Spur. Das Ergebnis? Keine Insekten und wenig Vögel.

Asphaltwüste Stockholmer Innenstadt: Von Grün wenig Spur

Und nicht nur das: Die drei Wildbienennisthilfen, die ich an verschiedenen Orten vorfand, waren eher halbherzig aufgestellt und ähnelten eher Insektenfriedhöfen als nützlichen Nisthilfen für die Insektenwelt. Dass zwei dieser Nisthilfen sogar von einer ansonsten wunderbaren nachhaltigen Initiative mit naturpädagogischen Projekten aufgestellt worden waren, stimmte mich nachdenklich: Gab es in Stockholm keine Menschenseele, die sich mit derlei Belangen auskannte und der das Wohl der Insektenwelt am Herzen lag?

Links: Die staatliche Immobilienverwaltung Stockholm wirbt mit Insektenfreundlichkeit, aber setzt sie nicht gut um.
Rechts: Mangelhafte Insektennisthilfen wie diese in Rosendals Trädgård sind in Stockholm leider an der Tagesordnung und verständlicherweise unbewohnt.

Schreiben statt Schweigen

Nach einer Woche Asphalt-Urlaub hatte ich genug – ich musste handeln! Ich wollte mich nicht nur im Stillen ärgern, sondern den Wildbienen, Käfern, Schmetterlingen, Schwebfliegen, Vögeln und vielen anderen Tieren, die in Stockholm scheinbar so unwillkommen waren, eine Stimme geben und die zuständigen Stellen an ihre Verantwortung erinnern. Und so schrieb ich drei E-Mails: eine an das Stockholmer Umweltamt (Miljöförvaltningen), eine an die schwedische staatliche Immobilienverwaltung SFV und eine an die besagte nachhaltige Initiative
Rosendals Trädgård.

Im Falle der Umweltbehörde war es mir wichtig, sie auf ihre Verantwortung als wichtige Hauptstadt angesichts des Klimawandels und des Artensterbens hinzuweisen und sie dazu aufzufordern, ihre Stadt zukünftig grüner zu gestalten. An die beiden anderen Stellen schrieb ich vor allem, um sie auf die unzulänglichen Nisthilfen hinzuweisen und dazu aufzufordern, sich mehr mit dem Thema zu beschäftigen, vernünftige Modelle aufzustellen und in ein ganzheitliches Konzept zur Insektenfreundlichkeit einzubetten.

Drei E-Mails für den schwedischen Artenschutz

Stockholm antwortet: Drei E-Mails, zwei Antworten

Um ehrlich zu sein, versprach ich mir von meinen E-Mails nicht viel. Mir war natürlich klar, dass die Stadt Stockholm jetzt vermutlich nicht alle Parks neu gestalten würde oder mich als Sachverständige zum Umgestalten der Stadt ins Rathaus einladen würde. Dennoch hoffte ich ehrlich, dass meine Kontaktaufnahme zumindest als wichtiger Impuls wahrgenommen würde und vielleicht sogar eine kleinere Veränderung (etwa im Fall der Wildbienennisthilfen) bewirken würde.

Tatsächlich bekam ich zwei Antworten zurück (die Umweltbehörde schwieg lieber). Als erstes antwortete die staatliche Immobilienverwaltung kurz und knackig: Eine Verwaltungsassistentin bedankte sich höflich für meine Unterstützung und versprach, meine Anmerkungen zur Nisthilfe an die zuständigen Personen weiterzuleiten – typisch Behörde eben.

Die zweite Antwort kam von Rosendals Trädgård, und sie war zugegebenermaßen etwas skurril: Die Gärtnerin der Initiative schrieb mir eine lange und apologetische E-Mail zurück, in der sie sich geradezu untröstlich über die Wildbienennisthilfen und deren Zustand zeigte. Sie wisse nicht, woher diese stammten und wer sie dort am Wegesrand aufgehängt hatte, schrieb sie entschuldigend. Weiter hieß es, sie habe die fehlerhaften Nisthilfen mit Absicht am Weg hängen lassen, um allen vorübergehenden Menschen zu zeigen, wie schlechte Insektenhotels aussehen. Sie müsse nach meinen Anmerkungen aber einsehen, dass sie wahrscheinlich das Gegenteil bewirkten und werde sie sofort entfernen. Abschließend ließ sie mich wissen, dass der Bau einer vernünftigen Wildbienennisthilfe mit entsprechend pädagogisch wertvollem Schild schon in Planung sei. Na dann…

Zwei Antworten, die nur begrenzt Hoffnung machen

Warum sich Aktivismus im Kleinen lohnt

Zugegeben: Die Reaktionen auf meine E-Mails fielen eher dürftig aus. Eine blieb unbeantwortet, die andere war knapp und formell, und die dritte voller Entschuldigungen und Ausflüchte. Und doch – zwei von drei haben immerhin reagiert. Wenn Rosendals Trädgård die mangelhaften Nisthilfen nun wirklich entfernt, senden sie damit zumindest keine falschen Signale mehr. Ob das tatsächlich passiert, kann ich natürlich nicht überprüfen.

Manchmal scheint es, als würden unsere kleinen Aktionen im großen Weltgeschehen untergehen – als wären drei E-Mails, ein wilder Balkon oder ein Hinweis auf eine falsche Nisthilfe bloß Tropfen auf dem heißen Stein. Und ja, vielleicht verändern sie nicht sofort die ganze Stadt. Aber sie setzen Zeichen. Sie erinnern daran, dass da draußen Menschen hinschauen, nachfragen, widersprechen. Jede E-Mail, jede Nachfrage, jede Stimme zählt. Denn Veränderung beginnt genau hier: bei den Menschen, die sich nicht mit dem Status quo zufriedengeben, sondern sich trauen, etwas zu sagen – auch wenn es unbequem ist. Und wer weiß? Vielleicht ist irgendwo in Stockholm jetzt ein kleines Stückchen weniger Kies und ein bisschen mehr Wildblumenwiese – einfach weil jemand nicht geschwiegen hat.

Links: Ein Ehrenamt im Naturschutz ist wundervoll, aber die Natur lässt sich auch unterwegs schützen.
Rechts: Ein gelungenes Beispiel für deine Wildbienennisthilfe auf der Wildblumenwiese des NABU Eimsbüttel.

Und jetzt bist du dran

Was ist dir in letzter Zeit in deiner Umgebung aufgefallen? Vielleicht ein Platz, der neu betoniert wurde, obwohl ein paar Bäume gutgetan hätten? Eine vermeintliche Wildblumenwiese, die eher nach Parkplatzrestfläche aussieht? Oder Insektennisthilfen, die mehr Dekoration als Lebensraum sind?

Wie wäre es, wenn du selbst aktiv wirst und deine Stimme für die Natur erhebst? Du musst keine große Organisation gründen – manchmal reicht schon eine gut platzierte E-Mail. Hier ein paar Tipps, wie du dabei am besten vorgehst:

  • Schau genau hin: Was stört dich konkret? Mach am besten ein Foto und notiere dir den Ort.
  • Finde die richtige Ansprechperson: Schau auf der Website der Stadt, Gemeinde oder Initiative nach Kontaktdaten – oft gibt es Umwelt- oder Grünflächenämter, Bürgerbeteiligungsstellen oder Kontaktformulare.
  • Formuliere höflich, aber bestimmt: Sachlich, klar und mit einem echten Anliegen erreichst du meist mehr als mit Wut oder Vorwürfen.
  • Biete Ideen statt nur Kritik: Ein konkreter Verbesserungsvorschlag oder ein Link zu einer guten Lösung zeigt, dass du dich wirklich mit dem Thema befasst hast.
  • Bleib dran: Wenn du keine Antwort bekommst – ruhig nochmal nachhaken. Freundlich, aber mit Nachdruck.
  • Teile deine Aktion: Vielleicht inspiriert dein Engagement auch andere in deinem Umfeld, aktiv zu werden.

Denn: Jede Stimme zählt. Auch deine. Hast du sie schon mal für die Natur erhoben? Wie war die Resonanz?

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Ich bin Patricia

Porträtfoto von Patricia Bobak

Willkommen auf meinem winzigen, wilden Nordbalkon! 🌱 Auf 2,4 Quadratmetern habe ich mir ein naturnahes Paradies geschaffen – trotz (oder gerade wegen) der Schattenlage. Mit diesem Blog möchte ich zeigen: Auch Nordbalkone können summen, blühen und einen wichtigen Lebensraum bieten. Lass dich inspirieren und entdecke, wie schön das Gärtnern im Schatten sein kann!

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