Winter auf dem Nordbalkon

Wie ich meinen Balkon durch die kalte Jahreszeit bringe

Die Balkonsaison ist im Dezember schon längst zu Ende gegangen, und was vorher ein Meer aus grünen Blättern und bunten Blüten war, sieht jetzt ganz anders aus: Zwar trotzen einige immergrüne Stauden der winterlichen Kälte, der Großteil der über 80 Stauden auf meinem kleinen Nordbalkon hat sich jedoch in diverse Brauntöne gehüllt oder sich komplett in den Boden zurückgezogen.

Ohne all die brummenden Hummeln und surrenden, krabbelnden Insekten, die mein kleines Schattenparadies im Frühjahr, Sommer und Herbst mit Leben füllen, ist mein Balkongarten vor Schreck in einen langen Winterschlaf gefallen – und an so manchem grauen Wintertag kann ich mir nur schwer vorstellen, dass er im Frühjahr wieder daraus erwachen wird. Doch selbst im Winter ist mein Nordbalkon voller Leben: Manchmal harrt es ganz zart unter der Erde einem Neuanfang, manchmal wartet es in Winterstarre auf wärmere Tage, und manchmal zwitschert und flattert es höchst lebendig von einem Ende des Balkons zum anderen.

Inhalt

  1. Vögel im Winter: Meine wichtigste Balkon-Wnterroutine
  2. Stauden im Winter: Die Natur machen lassen
  3. Blumenzwiebeln: Versteckte Frühlingsboten
  4. Winter ist auch Balkonzeit

1. Vögel im Winter: Meine wichtigste Balkon-Winterroutine

In diesem Vogelhaus können sich meine Gartenvögel ganz wie zuhause fühlen.

Hamburger Winter können manchmal wahrlich ewig dauern. Viele graue Tage, jede Menge Regen alias Schietwetter und kurze dunkle Tage schlagen leicht aufs Gemüt. Ich habe dazu im SZ Magazin mal ein sehr passendes Zitat gelesen, dass ungefähr so ging: Manchmal fühlt sich der Winter so endlos an, dass man sich wie ein Chicorée unter einer Plane vorkommt, der monatelang dunkel, ruhig, gedämpft vor sich hinvegetiert – bis schließlich die Plane gelüftet wird und der erste Sonnenstrahl die Lebensgeister wieder erweckt. Ein passendes Bild!

Aus genau jener Winterlethargie heraus habe ich vor zwei Wintern mit der Vogelfütterung begonnen und bin geradezu zum Bird Nerd mutiert. Denn: Was gibt es Schöneres, als sich lange Wintertage damit zu vertreiben, bewegungslos hinter der Scheibe zu stehen und gefiederte Balkongäste zu stalken? Natürlich kommt die Fütterung nicht nur meiner Tierliebe und dem Winter Blues zugute, nein, auch die hiesige Vogelwelt hat etwas davon: Die traurige Wahrheit ist nämlich, dass die Stadt mit immer weniger natürlicher Nahrung aufwartet (siehe Insektensterben!) und dass es daher keineswegs schaden kann, unseren gefiederten Nachbar*innen mit einigen Leckereien unter die Flügel zu greifen.

Was ich füttere und was nicht

Vogelfüttern will gelernt sein, und nicht alle Vögel essen alles. Bei der Winterfütterung hilft es, grob zwischen Insekten- und Körnerfressern zu unterscheiden. Zu den Insektenfressern gehören Arten wie Amseln, Rotkehlchen, Meisen oder auch Spechte, während Finken – etwa Buchfink oder Gimpel – sowie Eichelhäher eher zu den Körner- und Samenfressern zählen. Oft lässt sich das schon am Schnabel erkennen: Körnerfresser haben meist einen kräftigen, eher kurzen Schnabel, Insektenfresser einen schmaleren, länglichen.

Da Insekten im Winter kaum verfügbar sind, weichen viele Insektenfresser dann auf anderes Futter aus. Amseln und Rotkehlchen nehmen gern Rosinen, Haferflocken oder weicheres Fettfutter an, Meisen und Spechte greifen zusätzlich zu Sonnenblumenkernen, gehackten Erdnüssen oder Fettblöcken. Besonders beliebt ist energiereiches Futter mit Insektenanteil, etwa mit getrockneten Mehlwürmern – vor allem an frostigen Tagen.

Auf dem Menü stehen bei mir daher:

  • Sonnenblumenkerne
  • Haselnusskerne
  • Rosinen
  • Gehackte Erdnusskerne
  • Samen- und Saatenmischung aus gehackten Erdnüssen, gehackten Sonnenblumenkernen, grob gemahlenem Mais, geschältem Haferbruch und gelber Hirse
  • Diverse Fettblöcke mit Samen und Saaten inklusive getrockneten Mehlwürmern

Täglich gibt es auf dem Nordbalkon eine handerlesene Mischung feinsten Vogel-Gourmetessens.

Hinweis: Meisenknödel sollten grundsätzlich ohne Netze angeboten werden, da sich Vögel darin leicht verheddern können. Beim Futter selbst gilt: lieber schlicht und hochwertig als bunt gemischt.

Wie ich füttere

Gefüttert wird bei mir über ein kleines Holzvogelhaus mit Dach, das am Geländer montiert ist. Der große Vorteil? Der Regen bleibt draußen, das Futter trocken – und genau das ist im Winter entscheidend. Zusätzlich gibt es unter dem Balkondach einen schlichten Blumentopf-Untersetzer mit einem Fettblock und ein paar Rosinen, die vor allem die Amsel zuverlässig abräumt. Ob Vogelhaus, Futtersäule oder Hängefutter: Wichtig ist weniger die Konstruktion als ein bisschen Wetterschutz – und die Bereitschaft, mit ein paar heruntergefallenen Futterresten zu leben.

Sauberkeit gehört beim Füttern dazu, ohne dass es zur Wissenschaft wird. Ein kurzer Blick reicht oft schon: Untersetzer lassen sich leicht auswaschen, das Vogelhaus mit einem Tuch auswischen. Auch Wasser ist im Winter wichtig, denn Vögel trinken und baden selbst bei Kälte, um ihr Gefieder in Schuss zu halten. Meine mit Gras, Moos und Wasserminze bepflanzte Geländertränke dient ja ohnehin das ganze Jahr über als winziger Teich, eine flache Tränke, die regelmäßig frisch befüllt und sauber gehalten wird, genügt allerdings völlig. Beim Platzieren der Futterstellen achte ich außerdem auf Abstand zu Scheiben. An meiner Balkontür habe ich über den Winter von innen schmale, dicht gesetzte Streifen aus Washi-Tape angebracht, damit die Balkontürscheibe nicht als Durchflug oder Landeplatz missverstanden wird. Ein einfaches Erfolgsrezept!

Wer bei mir vorbeischaut

Es hat eine Weile gedauert, bis es sich in der lokalen Vogelwelt herumgesprochen hat, dass es auf meinem Balkon im Winter etwas zu holen gibt. Inzwischen schauen vor allem typische Gartenvögel vorbei – was es nicht weniger spannend macht, sie aus nächster Nähe zu beobachten.

  • Kohlmeisen
  • Blaumeisen
  • Amsel
  • Rotkehlchen
  • Buchfink (aktuell ein Weibchen)
  • Gimpel (als Pärchen)
  • Ringeltauben
  • Eichelhäher
  • Buntspecht

Die junge Amsel beäugt meine Stalking-Versuche hinter der Scheibe misstrauisch. Die Kohlmeise schnabuliert indessen unbeirrt Sonnenblumenkerne.

Besonders faszinierend sind die kleinen Dynamiken an der Futterstelle. Die Meisen kommen meist im Trupp, sind schnell, akrobatisch und erstaunlich dominant – vor allem die Kohlmeisen-Männchen machen gerne auf dicke Hose. Amsel und Rotkehlchen warten dagegen eher ab, bis der Trubel vorbei ist. Beim Gimpel-Pärchen hat das größere Weibchen die Hosen an, und wenn ganz selten der Buntspecht oder der Eichelhäher sich die Ehre geben, erstarrt der Rest der Vogelschar in Ehrfurcht und hält Abstand. So sieht echtes Vogelfernsehen aus: mal actionreich, mal dramatisch, mal lustig – absolut empfehlenswerte Winterunterhaltung!

2. Stauden im Winter: Die Natur machen lassen

Der Anblick welker Stauden ist zugegebenermaßen nach dem Trubel des Sommers etwas ungewohnt. Aber die Natur wäre nicht die Natur, wenn nicht alles eine Funktion hätte, und deshalb gilt auch im Winter bei mir das Motto: „Wild thing, you make my heart swing!“ oder „Je wilder, desto besser!“. Das bedeutet konkret:

  • Stauden stehen lassen: Der Winter ist eine herzliche Einladung, sich eine heiße Schokolade oder einen Tee zu machen, sich in eine kuschelige Decke einzuhüllen, einfach die Füße hochzulegen – und den Balkon einfach in Ruhe und sämtliche Stauden stehen zu lassen. Ein gelungener Naturbalkon darf auch im Winter wild und unaufgeräumt aussehen, quasi eher wie ein Mini-Naturschutzgebiet als ein Vorzeigeprojekt in einer Wohnzeitschrift. Die Vogelwelt freut sich über die Samenstände, die Insektenwelt überwintert unter Holzstücken, Blättern oder in Stängeln.
  • Kein Winterschutz: Es ist durchaus verbreitet, den eigenen Balkon großräumig mit Tannenzweigen einzukleiden, denn das sieht nicht nur hübsch winterlich aus, sondern kann auch dem Winterschutz zuträglich sein. Von einigen Stellen wird es sogar empfohlen, jegliche Pflanzengefäße an Häuserwände zu rücken, um ihre Bewohner vor Kälte zu schützen. Nun ja, was soll ich sagen – bei mir kommen nur die Harten in den (Balkon-)Garten. Da alle meine mehrjährigen Stauden winterhart sind und zweistellige Minusgrade locker aushalten, verzichte ich auf jeglichen Winterschutz, und – oh Wunder! – sie sprießen alle jeden Frühling freudig wieder aus der Erde empor.

3. Blumenzwiebeln: Versteckte Frühlingsboten

Bevor ich es mir mit besagtem Heißgetränk auf dem Sofa gemütlich mache, ziehe ich vor dem ersten Bodenfrost doch noch einmal meine Gartenhandschuhe an und buddle ein letztes Mal in der Erde, um ein hoffnungsvolles Zeichen für die Zukunft zu setzen: Frühblüherzwiebeln. Sie schon im Vorjahr zu setzen, ist nicht nur aus psychologischer Sicht schlau (winterliche Frühlingsgefühle!), sondern sorgt auch dafür, dass sie Zeit haben, sich auf dem Balkon einzuleben und gut anzuwachsen. Belohnt wird diese Winteraktivität schon nach wenigen Monaten, wenn die ersten Blätter im neuen Jahr schon bei eisigen Temperaturen vorsichtig aus der Erde schauen, und den Neuanfang ankündigen.

Und das tun sie auch auf einem schattigen Nordbalkon! Ich habe in meiner „Balkonkarriere“ schon so einige Frühblüherzwiebeln ausprobiert und für nordbalkontauglich befunden:

  • Sibirische Blausterne
  • Narzissen,
  • Traubenhyazinthen
  • Wildtulpen
  • Schneeglöckchen
  • Wildkrokusse
  • Hasenglöckchen
  • Märzenbecher

Zu Frühblühern auf dem Nordbalkon werde ich in Kürze noch einen ausführlichen Artikel verfassen. Bleib dran!

4. Winter ist auch Balkonzeit

Der Winter auf dem Nordbalkon ist keine Zeit für große Garteneinsätze, sondern für Geduld. Die Stauden haben sich zurückgezogen, die Blumenzwiebeln arbeiten im Verborgenen, und die Vögel übernehmen still die Bühne. Meine Rolle beschränkt sich darauf, Futter nachzufüllen, Wasser bereitzustellen und ansonsten aufmerksam zu sein. Vieles geschieht jetzt leise, fast unscheinbar, und gerade deshalb lohnt sich das Hinsehen. Aus dem sommerlichen Blättermeer wird ein Ort für kleine Bewegungen und kurze Begegnungen. Manchmal flattert es, manchmal ist es ganz still. Und irgendwo darunter wartet der Frühling bereits auf seinen Einsatz.

Wie erlebst du deinen Balkon im Winter?

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Ich bin Patricia

Porträtfoto von Patricia Bobak

Willkommen auf meinem winzigen, wilden Nordbalkon! 🌱 Auf 2,4 Quadratmetern habe ich mir ein naturnahes Paradies geschaffen – trotz (oder gerade wegen) der Schattenlage. Mit diesem Blog möchte ich zeigen: Auch Nordbalkone können summen, blühen und einen wichtigen Lebensraum bieten. Lass dich inspirieren und entdecke, wie schön das Gärtnern im Schatten sein kann!

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