Nordbalkone gehören zu einer komplett unterschätzten Balkongattung. Das wurde mir als stolzer Besitzerin eines solchen Balkons schnell klar, als ich beschloss meinen Nordbalkon zu begrünen. Eine ausführliche Recherche im Netz beförderte einige Salate und Kräuter, die eine oder andere Fuchsie und jede Menge Farne zutage, aber keine Blütenmeere oder Hymnen auf das Gärtnern ohne Sonne.
Jetzt, zwei Jahre nachdem ich es dennoch wagte, meinen Schattengarten zu beginnen, kann ich voller Überzeugung sagen: Weit gefehlt! Nordbalkone sind zu weit mehr in der Lage als es ihnen zugestanden wird, und mein grünes Paradies mit über 70 Pflanzen auf nur 2,4 Quadratmetern ist der lebende Beweis!
So sieht ein blühender Nordbalkon aus: Löwenmäulchen, Frühjahrsblüten, Kornblume und Sonnenhut.
Inhalt
- Nordbalkone: Unterschätzt und unterpflanzt
- Der Schatten ist voller Überraschungen
- 5 weitere Gründe deinen Nordbalkon zu lieben
- Eine Ode an den Schatten
Nordbalkone: Unterschätzt und unterpflanzt
Häufig wird vielerorts der Mangel an direkter Sonneneinstrahlung als große Spaßbremse für jegliche Nordbalkonexperimente genannt. Denn: Ohne Sonne, kein Leben, kein Wachstum, keine Blüten! Und keine Blüten bedeuten wiederum: Keine oder wenige flauschige und wuselige Insekten, die sich auf den Pflanzen tummeln. Das Ergebnis sind jede Menge Betonwüsten in Stadt und Land und wenig Spaß am Ausprobieren im Schatten. Dabei lohnt es sich, viele Ratschläge und Entmutigungen in den Wind zu schlagen und einfach auszuprobieren!
Der Schatten ist voller Überraschungen
Schon als ich in meinem ersten Balkonjahr mit Gemüse und Kräutern experimentierte, erwarteten mich erste Überraschungen, denn im Schatten wuchsen tatsächlich auch Tomaten, Erdbeeren und Kartoffeln. Aber mein grünes Wunder erlebte ich bei der Umgestaltung zum naturnahen und insektenfreundlichen Balkon:
Die erste Überraschung: Auf meinem Nordbalkon wächst nicht nur viel mehr als gedacht, sondern sogar auch sonnenhungrige Pflanzen. Was ganz schüchtern mit einigen Schattengewächsen anfing, wuchs in Windeseile zu einem Pflanzendickicht aus Waldstauden, Kräutern, Halbsschattengewächsen und Sonnenanbetern zusammen. Mittlerweile umgeben mich nicht nur typische Nordbalkonpflanzen wie Waldmeister, Farne und Bärlauch, sondern auch vielfältige Sonnengewächse wie Blutweiderich, Glockenblumen und Malven. Mut zahlt sich aus!
Zugegeben: Die Uhren ticken im Schatten bedeutend langsamer als auf einem Südbalkon. Ich erinnere mich noch lebhaft wie ich Mitte März noch sehnsüchtig auf die erste Wildbiene wartete, während sonnigere Balkone bereits heiß umschwärmt waren. Aber mit etwas Geduld kam kurz darauf der erste Insektenbesuch, und auch meine Pflanzen wuchsen plötzlich so eifrig in die Höhe, dass ich ihnen quasi täglich dabei zusehen konnte – und das ganz ohne Sonne.


Im Frühling geben sich die Frühblüher noch geordnet. Im Sommer schalten die Pflanzen den Turbe ein.
Und ebenjenes Wachstum war die nächste Überraschung. Bei meinem ausufernden Pflanzenkauf hatte ich nur eine schemenhafte Vorstellung davon, wieviel Platz meine Balkonpflanzen einmal einnehmen werden. Die Antwort: Mehr als gedacht! Meine Sitzbank, auf der ich mein Verweilen im Balkondschungel geplant hatte, wurde schon sehr bald zur Sitzgelegenheit für viele Blumentöpfe, und ich nahm auf der Türschwelle Platz.
Und die größte Überraschung? Insekten lassen sich auch auf einem schattigen Nordbalkon pflanzen. Sobald es sich herumgesprochen hatte, dass es auf meinem Balkon Nektar und Pollen gibt, hielt auch die Insektenwelt Einzug: Hummeln, andere Wildbienen, Schmetterlinge, Schwebfliegen, Ameisen und andere Insekten schwirrten, krabbelten und brummten vom Frühjahr bis in den Herbst durch meinen kleinen Garten und verliehen damit meinem Nordbalkon das ultimative Qualitätssiegel: Insektenfreundlicher Garten im Schatten!
5 weitere Gründe, deinen Nordbalkon zu lieben
Neben den vielen Überraschungen, die ich bereits beim Gärtnern im Schatten erlebt habe, gibt es noch einige unschlagbare Vorteile, die einen Nordbalkon zu einem echten grünen Rückzugsort machen. Hier kommen also fünf weitere Gründe, den eigenen Nordbalkon endlich zu bepflanzen und ihn zum grünen Wohnzimmer zu machen:
- Pflanzen verbrennen nicht in der Mittagshitze.
- Du kannst auch an heißen Tagen gemütlich und kühl draußen sitzen.
- Du musst weniger Gießen, weil die Erde langsamer austrocknet.
- Insekten freuen sich über schattige Nektartankstellen.
- Du hast länger Freude an Blüten, weil sie nicht so schnell verblühen.
Leberblümchen, Wald-Ziest, Zwergglockenblumen und Knoblauchsrauke sind nur einige Pflanzideen für den Nordbalkon.
Eine Ode an den Schatten
Ein Nordbalkon muss also keineswegs karg und spärlich bepflanzt bleiben. Ganz im Gegenteil – mit etwas Geduld und Mut lässt sich aus einem schattigen Balkon ein üppiges, grünes Paradies erschaffen. Trau dich! Ein Hoch auf alle Nordbalkone und eine ganz persönliche Liebeserklärung meinerseits an mein kleines Paradies:
Im kühlen Schatten, still und fein,
da wächst mein kleiner Garten.
Es fliegt so manche Biene rein,
anders als zu erwarten.
Denn es gibt keine Sonne hier,
stattdessen nur viel Schatten.
Und doch krabbelt so manches Tier
im frischen Grün, dem satten.
Auch Pflanzen blüh’n, die Luft ist kühl,
die Vögel singen Lieder.
Und die Wärme, die ich fühl,
fährt mir in alle Glieder.
In deinem Schatten blüht die Pracht,
Die Welt, die merkt es kaum.
Ein Paradies, das leise erwacht,
Oh Nordbalkon, mein Traum!
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